Fläche der weit verbreiteten FFH-Wald-Lebensraumtypen

Fläche der weit verbreiteten FFH-Wald-Lebensraumtypen, © J. Kolk © J. Kolk
Der Indikator stellt die Flächengröße der vier in Nordrhein-Westfalen am weitesten verbreiteten FFH-Wald-Lebensraumtypen 9110 „Hainsimsen-Buchenwald“, 9130 „Waldmeister-Buchenwald“, 9160 „Stieleichen-Hainbuchenwald“ und 9190 „Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen“ dar. Diese sind als europäisches Wald-Naturerbe durch die europäische Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Richtlinie geschützt und haben einen hohen Stellenwert für die biologische Vielfalt des Landes NRW. Ihre landesweite Flächengröße ist gemäß der FFH-Richtlinie durch geeignete Maßnahmen zu erhalten. Flächenabnahmen sind z.B. durch waldbauliche Nutzung, Sturmereignisse oder bei Eichenwäldern durch den Wegfall historischer, anthropogener Nutzungsformen möglich. Werden diese in der landesweiten Bilanz nicht in vergleichbarem Umfang wiederhergestellt kann sich der landesweite Erhaltungszustand dieser FFH-Lebensraumtypen verschlechtern. In FFH-Gebieten ist zudem das Verschlechterungsverbot gemäß FFH-Richtlinie zu beachten. Der Indikator besteht aus zwei Teilindikatoren: 1. Fläche der Buchenwald-FFH-LRT 9110 (Hainsimsen-Buchenwald) und 9130 (Waldmeister-Buchenwald) [ha]; 2. Fläche der Eichenwald-FFH-LRT 9160 (Steileichen-Hainbuchenwald) und 9190 (Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen) [ha].

Einheit: Hektar

Stand und Trend

Die Fläche der FFH-Buchenwälder (FFH-Lebensraumtypen 9110 und 9130) hat seit dem Jahr 2006 signifikant zugenommen, von rund 153.000 ha auf rund 176.000 ha. Die Fläche der FFH-Eichenwälder (FFH-Lebensraumtypen 9160 und 9190) hat seit 2006 signifikant von rund 52.000 ha auf rund 38.000 ha abgenommen. Dieselben Trends ergeben sich bei Betrachtung der letzten zehn Jahre (2012-2021).

Bedeutung

Die europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (92/43/EWG; FFH-Richtlinie) stellt eine zentrale rechtliche Vorgabe des Naturschutzes zum Erhalt der biologischen Vielfalt dar. Ihr Ziel ist es, den sogenannten günstigen Erhaltungszustand der in den Anhängen der Richtlinie enthaltenen Arten und Lebensraumtypen zu erhalten oder wiederherzustellen. Ein günstiger Erhaltungszustand liegt dann vor, wenn eine Art oder ein Lebensraumtyp ungefährdet ist – sowohl hinsichtlich der Verbreitung, des Flächenumfangs wie auch der qualitativen Ausprägung der Vorkommen – und dies voraussichtlich auch in Zukunft sein wird. Ein wichtiges Instrument zur Umsetzung der FFH-Richtlinie ist die Ausweisung von FFH-Gebieten in Verbindung mit der Erstellung von Maßnahmenplänen.

Gemäß der FFH-Richtlinie ist ein Monitoring des Erhaltungszustands von Lebensräumen des Anhangs I (= FFH-Lebensraumtypen) durchzuführen und alle sechs Jahre dazu zu berichten. Der Zustand der FFH-Lebensraumtypen wird im so genannten FFH-Bericht über die Gesamtheit aller Vorkommen, also innerhalb und außerhalb von FFH-Gebieten, beurteilt. Die Flächengröße, mit der ein FFH-Lebensraumtyp vorkommt, wird als quantitatives Maß für die Bewertung des Umfangs genutzt. Nimmt der Umfang stark ab und/oder befindet sich nicht in der Größenordnung der für das Fortbestehen des Lebensraumes notwendigen Fläche, so erfolgt eine Bewertung des Erhaltungszustands als „ungünstig“.

Die Buchenwälder Nordrhein-Westfalens stellen als naturnahe Waldgesellschaften wichtige FFH-Lebensraumtypen (FFH-LRT) dar, welche in Anhang I der FFH-Richtlinie auf bodensauren Standorten als FFH-LRT 9110 (Hainsimsen-Buchenwald) und auf basenreichen Standorten als FFH-LRT 9130 (Waldmeister-Buchenwald) aufgeführt werden. Diese Buchenwald-FFH-LRT nehmen aktuell rund 18% der bestockten Waldfläche Nordrhein-Westfalens ein (Quelle: Ökologische Flächenstichprobe NRW) und gehören damit zu den weit verbreiteten FFH-Lebensraumtypen NRWs. Dem Land NRW kommt für ihren Erhalt und ihre Entwicklung als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten eine besondere Verantwortung zu, da es im Zentrum des Verbreitungsgebiets dieser nur in Europa vorkommenden Waldgesellschaften liegt. Für die Hainsimsen-Buchenwälder ergibt sich eine zusätzliche Verantwortung daraus, dass über die Hälfte der bundesweiten Vorkommen in der atlantischen biogeografischen Region in Nordrhein-Westfalen liegt.

Eichenwälder stellen als FFH-LRT 9160 (Stieleichen-Hainbuchenwald) auf stau- und grundwassergeprägten Standorten bzw. als FFH-LRT 9190 (Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen) naturnahe Waldgesellschaften in NRW dar. Da NRW im Bundesvergleich einen relativ hohen Anteil an diesen Eichenwald-Lebensraumtypen aufweist und sich - wie bei den Buchenwäldern - im Hauptverbreitungsgebiet dieser FFH-LRT befindet, kommt dem Land NRW für deren Schutz als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten eine besondere Verantwortung zu. Eichenwälder sind für die biologische Vielfalt von hoher Bedeutung, da sie eine Vielzahl von Arten beherbergen, unter anderem eine hohe Anzahl von Insektenarten.

Der günstige Erhaltungszustand von FFH-Wäldern ist wie bei allen FFH-Lebensraumtypen gemäß FFH-Richtlinie zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Die FFH-Wälder befinden sich bezüglich ihrer Flächengröße mit Ausnahme des FFH-LRT 9160 im Tiefland aktuell in einem günstigen Erhaltungszustand. Das Land NRW erarbeitet ein Managementkonzept für den Erhalt von Eichenwäldern, insbesondere weil diese Wälder oft durch historische Nutzungsformen anthropogen gefördert wurden und für ihren heutigen Erhalt und ihre Entwicklung zum Teil dauerhafte Maßnahmen notwendig sind. Für FFH-Buchenwälder ist ein Erhalt der landesweiten Flächengröße durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Maßnahmen in FFH-Buchenwäldern, welche den Anteil der lebensraumtypischen Baumarten in bestehenden Beständen auf unter 70% verringern, führen gemäß Kartieranleitung zu einem Verlust des FFH-Lebensraumtypen-Status. Beimischungen unterhalb dieser Schwelle können zur Verschlechterung des Erhaltungszsutands führen. FFH-Wälder, die durch Sturmereignisse gestört werden, können sich durch natürliche Sukzession wieder zu FFH-Wäldern entwickeln.

Der Erhalt der Flächengröße der FFH-Buchen- und Eichenwälder ist landesweit innerhalb und außerhalb der FFH-Gebiete zu gewährleisten. Für FFH-Gebiete gilt, dass sich darin gemäß Artikel 6 Absatz 2 der FFH-Richtlinie, umgesetzt durch § 33 BNatSchG, die Fläche der FFH-LRT nicht verkleinern und ihr Erhaltungsgrad nicht verschlechtern darf (Verschlechterungsverbot). Auch außerhalb von Schutzgebieten ist der Erhalt von FFH-Buchen- und Eichenwäldern zur Erhaltung der biologischen Vielfalt notwendig.

Ziele

Der Indikator dient der Beobachtung des Teilparameters „Fläche“ der Erhaltungszustandsbewertung der oben genannten, weit verbreiteten FFH-Wald-Lebensraumtypen in NRW. Er leistet somit einen Beitrag zum Monitoring des Erhaltungszustands von natürlichen Lebensräumen von gemeinschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 11 der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Nimmt einer der Teilindikatoren ab, so sind die Anstrengungen zum Erhalt bzw. einer Wiederherstellung der Fläche der entsprechenden Wald-Lebensraumtypen zu verstärken.

Des Weiteren dient der Indikator der Beobachtung des Zustands der biologischen Vielfalt Nordrhein-Westfalens im Kontext der laufenden Waldumbau- und Wiederbewaldungs-Maßnahmen in den Wäldern NRWs. FFH-Wälder erbringen mit ihrem hohen Anteil an heimischen Arten hohe Biodiversitäts-Leistungen und ergänzen das Spektrum der multifunktionalen Mischwälder um natürliche Waldgesellschaften.

Trendanalyse & Aussagen

Die Fläche der FFH-Buchenwälder (FFH-Lebensraumtypen 9110 und 9130) betrug im Jahr 2006 rund 153.000 Hektar und ist bis 2021 auf rund 176.000 Hektar angestiegen (statistisch signifikante Zunahme). Die Zunahme ist überwiegend auf den Rückgang des Deckungsanteils von Nadelbäumen in bestehenden Wäldern zurückzuführen. Die Fläche der FFH-Eichenwälder (FFH-Lebensraumtypen 9160 und 9190) hat seit dem Jahr 2006 von rund 52.000 Hektar auf rund 38.000 Hektar signifikant abgenommen. Dieselben Trends ergeben sich bei Betrachtung der letzten zehn Jahre (2012-2021).

Definition, Datenquellen & Berechnung

Die Fläche der weit verbreiteten FFH-Buchenwälder wird berechnet als die Summe der Flächengröße (in Hektar) der FFH-Lebensraumtypen 9110 (Hainsimsen-Buchenwald) und 9130 (Waldmeister-Buchenwald).

Die Fläche der weit verbreiteten FFH-Eichenwälder wird berechnet als die Summe der Flächengröße (in Hektar) der FFH-Lebensraumtypen 9160 (Stieleichen-Hainbuchenwald) und 9190 (Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen).

Für die Definition der FFH-Lebensraumtypen gelten die Vorgaben des Biotop- und Lebensraumtypenkatalogs NRW.

Die Berechnungen erfolgen als Hochrechnung von Daten der Ökologischen Flächenstichprobe (ÖFS) NRW. Die ÖFS untersucht auf repräsentativen Stichprobenflächen den Zustand und die Entwicklung von Arten und Lebensräumen Nordrhein-Westfalens. Die Bewertung der Ergebnisse erfolgt anhand statistischer Verfahren, mit denen festgestellt wird, ob es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um tatsächliche Änderungen statt um Schwankungen in der Stichprobe handelt. Auch wenn eine Zeitreihe ansteigt oder abfällt, kann aus statistischer Sicht „kein Trend“ vorliegen, wenn die Zu- oder Abnahmen im Vergleich zum Schwankungsbereich des Trends zu gering ausfallen.

Für den Indikator werden mittels Anwendung statistischer Verfahren zwei Trendaussagen getroffen, die sich hinsichtlich des betrachteten Zeitraumes unterscheiden:

1. Trend über den gesamten Zeitraum seit Beginn der Messungen (2006-2021)

2. Zehn-Jahres-Trend (2012-2021)

Die Trendbewertung und Signifikanzprüfung erfolgt nach der Methode des Umweltbundesamtes für die Indikatoren des Monitoringberichtes zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (Meyer 2018, Umweltbundesamt 2019a und b). Es handelt sich um eine standardisierte Methodik der Indikatorbewertung.

Identifiziert werden bei der Betrachtung der gesamten Zeitreihe (2006 bis 2021) sowohl steigende und fallende Trends als auch quadratische Trends (zum Teil mit einer Trendumkehr). Folgende Trendaussagen sind dabei möglich:

- Steigender Trend

- Fallender Trend

- Steigender quadratischer Trend

- Fallender quadratischer Trend

- Trend mit Trendumkehr (zuerst fallend, dann steigend)

- Trend mit Trendumkehr (zuerst steigend, dann fallend)

- Kein Trend

Die Ermittlung quadratischer Trends ist aus mathematischen Gründen für einen Zeitraum von zehn Jahren nicht sinnvoll. Daher werden für den Zehn-Jahres-Trend ausschließlich lineare Trends berechnet. Folgende Trendaussagen sind möglich:

- Steigender Trend

- Fallender Trend

- Kein Trend

Die Aussage „kein Trend“ bedeutet, dass aus statistischer Sicht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer tatsächlichen Veränderung ausgegangen werden kann. Die Werte des Indikators ändern sich in diesem Fall im Vergleich zum Schwankungsbereich des Trends zu geringfügig.

Literaturangaben:

Meyer, M. (2018): Quantitative Bewertung von Umweltindikatoren. Handbuch zur fachgerechten Bedienung der Anwendung. Hg. v. Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH. Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH. Osnabrück (GWS Discussion Paper Series).

Umweltbundesamt (2019a): Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassungsstrategie der Bundesregierung. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau.

Umweltbundesamt (2019b): Quantitative Bewertung von Umweltindikatoren. UBA Texte 37/2019. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau.

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