Die Roten Listen zeigen bereits seit langem, dass immer mehr Insektenarten gefährdet sind. Doch wie stark die Rückgänge sind, dazu gibt es bisher nur wenige Studien. So wie die des Entomologischen Vereins Krefeld, nach der die Biomasse flugfähiger Insekten in ausgewählten Naturschutzgebieten um nahezu 80 Prozent seit Ende der 1980er Jahre abgenommen hat. Das Ausmaß des Insektenrückgangs in unserer Landschaft insgesamt ist jedoch unbekannt.
Um das für die Zukunft zu ändern hat das Land NRW 2019 bis 2021 zusammen mit der Universität Osnabrück (Prof. Dr. Thomas Fartmann, Abteilung Biodiversität und Landschaftsökologie) eine Studie auf den Stichprobenflächen der Ökologischen Flächenstichprobe durchgeführt und damit begonnen, systematisch Tagfalter sowie Heuschrecken im Grünland zu erfassen. Damit wurde erfolgreich der Grundstein für ein systematisches und für Nordrhein-Westfalen repräsentatives Insektenmonitoring gelegt. Die Ergebnisse erlauben erste Aussagen zur Bestandssituation in einzelnen Lebensräumen und für die Landschaft insgesamt.
Bei den Erfassungen konnten mehr als die Hälfte der in Nordrhein-Westfalen vorkommenden Tagfalter- und grünlandtypischen Heuschreckenarten nachgewiesen werden. Gefährdete Arten waren jedoch deutlich seltener als ungefährdete. Das bestätigt, dass viele spezialisierte Arten heute nur noch auf kleinen, meist weit voneinander entfernten Flächen vorkommen. Intensiv genutzte Äcker, Wiesen und Weiden, aber auch Siedlungen sind für anspruchsvolle Tagfalter-, Heuschrecken- und andere Insektenarten kaum mehr als Lebensraum geeignet.
Besonders bedeutsam für Insekten sind nährstoffarme, strukturreiche und extensiv bewirtschaftete Lebensräume in vielfältigen Landschaften. Da solche Flächen in den Mittelgebirgen noch häufiger vorkommen als im Tiefland, konnten dort jeweils mehr Arten und Individuen nachgewiesen werden. Darunter sind auch solche, die ein kühleres, feuchteres Klima bevorzugen, wie es typisch für das Bergland ist. Da sich im Zuge des Klimawandels aktuell viele Heuschrecken- und Tagfalterarten ausbreiten, kann davon ausgegangen werden, dass im Mittelgebirge zunehmend klimatisch bedingte Veränderungen der Artengemeinschaften zugunsten wärmeliebender Arten sichtbar werden.
Aktuell werden die Untersuchungen zu den Tagfaltern und Heuschrecken fortgeführt und damit erstmals zeitliche Veränderungen der Bestandssituation dokumentiert. Dies ermöglicht auch Rückschlüsse zu den Ursachen und Folgen auf andere Bestandteile der biologischen Vielfalt.
Das nordrhein-westfälische Insektenmonitoring ist Teil des bundesweiten Insektenmonitorings, das vom Bundesamt für Naturschutz entwickelt wird. Dieses wird noch weitere Bausteine umfassen, die perspektivisch von den Bundesländern etabliert werden sollen. Beispiele sind Laufkäfer auf Äckern, holzbewohnende Käfer in Wäldern oder Libellen an Stillgewässern.