Klimasensitive Pflanzenarten

Klimasensitive Pflanzenarten, © Adobe Stock_K. Brauner © Adobe Stock_K. Brauner
Der Indikator beschreibt die spezifische Wirkung des Klimawandels auf das Vorkommen von klimasensitiven Pflanzenarten in NRW. Er eignet sich zur Beobachtung und Dokumentation des Ausmaßes der Folgen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt NRWs und ist Teil der nordrhein-westfälischen Klimaberichterstattung. Als Folge des anthropogenen Klimawandels sind klimasensible Arten und Lebensräume gefährdet.

Einheit: Der Indikator besteht aus zwei Teilindikatoren. 1. Mittlere Temperaturzahl, 2. Deckungsanteil der Kältezeiger [%]

Stand und Trend

Der mittlere Temperaturzeigerwert der untersuchten Pflanzen NRWs ist sowohl über den gesamten Betrachtungszeitraum seit dem Jahr 2006 als auch in den letzten zehn Jahren signifikant angestiegen. Der Anteil der Kältezeiger hat sowohl seit 2006 als auch in den letzten zehn Jahren signifikant abgenommen.

Bedeutung

Der anthropogene Klimawandel hat Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, die Zusammensetzung von Lebensgemeinschaften und die Verbreitung der heimischen Arten Nordrhein-Westfalens. Um Klimawandelfolgen für das Handlungsfeld Biodiversität zu dokumentieren bietet sich die Betrachtung von Indikatorarten an. Pflanzenarten stehen in Konkurrenz zueinander und sind für ein optimales Wachstum auf bestimmte Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse angewiesen („realisierte Nische“). Ändert sich das Temperatur- und Niederschlagsregime führt dies langfristig zu einer Veränderung der geografischen Verbreitung von Pflanzen. Da Pflanzen Strukturbilder von Lebensräumen sind haben Veränderungen der Verbreitung von Pflanzenarten ebenfalls Auswirkungen auf die Habitate von Tieren.

Ziele

Der Indikator „Klimasensitive Pflanzenarten“ stellt die spezifische Wirkung des Klimawandels auf das Vorkommen von Pflanzenarten in NRW anhand des Anteils der Kältezeiger und der Entwicklung des mittleren Ellenberg-Temperatur-Zeigerwertes dar. In NRW sind Kältezeiger insbesondere in Wäldern, montanen Wiesen und Heiden (Bergheiden) zu finden. Der Indikator dient der Beobachtung und Dokumentation des Ausmaßes der Folgen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt NRWs.

Trendanalyse & Aussagen

Der mittlere Temperaturzeigerwert der untersuchten Pflanzen NRWs ist sowohl über den gesamten Betrachtungszeitraum seit dem Jahr 2006 als auch in den letzten zehn Jahren signifikant angestiegen. Der Anteil der Kältezeiger an den Pflanzen der Krautschicht sowohl seit 2006 (-1,4 Prozentpunkte) als auch in den letzten zehn Jahren (-0,5 Prozentpunkte) abgenommen. Der sinkende Anteil der Kältezeiger ist der wesentliche Faktor für den Anstieg des mittleren Temperaturzeigerwertes.

Definition, Datenquellen & Berechnung

Der Indikator besteht aus zwei Teilindikatoren.

Der Teilindikator „Mittlere Temperaturzahl“ wird berechnet aus den mit den Deckungsgraden gewichteten Ellenberg-Temperatur-Zeigerwerten der Pflanzen der Krautschicht der Untersuchungsflächen der Ökologischen Flächenstichprobe NRW. Der Indikator repräsentiert den Temperatur-Zeigerwert einer durchschnittlichen Pflanze in der Krautschicht in NRW.

Der Teilindikator „Deckungsanteil der Kältezeiger“ wird berechnet als der mit der Deckung gewichtete durchschnittliche Anteil von Arten mit einem Ellenberg-Temperatur-Zeigerwert 1 bis 4 am Gesamtanteil aller Arten der Krautschicht der Untersuchungsflächen der Ökologischen Flächenstichprobe NRW. Eine Zu- oder Abnahme bedeutet demnach eine relative Verschiebung der gesamten Pflanzengemeinschaft in Bezug auf das Vorkommen und den Deckungsgrad der Kältezeiger.

Die Ellenbergschen Zeigerwerte sind ein Klassifikationsverfahren, mit dessen Hilfe die Standortansprüche von Pflanzen wiedergegeben werden können und reicht von 1 (schneegeprägte Hochlagen) bis 9 (wärmste Tieflagen Mitteleuropas). Als Kältezeiger werden die Pflanzen mit einem Zeigerwert zwischen 1 und 4 definiert. In NRW kommen etwa 70 dieser Kältezeiger vor. Dazu zählen beispielsweise Trollblume, Frauenmantel, Quell-Sternmiere und der Wald-Storchschnabel.

Die Berechnungen erfolgen als Hochrechnung von Daten der Ökologischen Flächenstichprobe (ÖFS) NRW. Die ÖFS untersucht auf repräsentativen Stichprobenflächen den Zustand und die Entwicklung von Arten und Lebensräumen Nordrhein-Westfalens. Die Bewertung der Ergebnisse erfolgt anhand statistischer Verfahren, mit denen festgestellt wird, ob es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um tatsächliche Änderungen statt um Schwankungen in der Stichprobe handelt. Auch wenn eine Zeitreihe ansteigt oder abfällt, kann aus statistischer Sicht „kein Trend“ vorliegen, wenn die Zu- oder Abnahmen im Vergleich zum Schwankungsbereich des Trends zu gering ausfallen.

Für den Indikator werden mittels Anwendung statistischer Verfahren zwei Trendaussagen getroffen, die sich hinsichtlich des betrachteten Zeitraumes unterscheiden:

1. Trend über den gesamten Zeitraum seit Beginn der Messungen (2006-2021)

2. Zehn-Jahres-Trend (2012-2021)

Die Trendbewertung und Signifikanzprüfung erfolgt nach der Methode des Umweltbundesamtes für die Indikatoren des Monitoringberichtes zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (Meyer 2018, Umweltbundesamt 2019a und b). Es handelt sich um eine standardisierte Methodik der Indikatorbewertung.

Identifiziert werden bei der Betrachtung der gesamten Zeitreihe (2006 bis 2021) sowohl steigende und fallende Trends als auch quadratische Trends (zum Teil mit einer Trendumkehr). Folgende Trendaussagen sind dabei möglich:

- Steigender Trend

- Fallender Trend

- Steigender quadratischer Trend

- Fallender quadratischer Trend

- Trend mit Trendumkehr (zuerst fallend, dann steigend)

- Trend mit Trendumkehr (zuerst steigend, dann fallend)

- Kein Trend

Die Ermittlung quadratischer Trends ist aus mathematischen Gründen für einen Zeitraum von zehn Jahren nicht sinnvoll. Daher werden für den Zehn-Jahres-Trend ausschließlich lineare Trends berechnet. Folgende Trendaussagen sind möglich:

- Steigender Trend

- Fallender Trend

- Kein Trend

Die Aussage „kein Trend“ bedeutet, dass aus statistischer Sicht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer tatsächlichen Veränderung ausgegangen werden kann. Die Werte des Indikators ändern sich in diesem Fall im Vergleich zum Schwankungsbereich des Trends zu geringfügig.

Literaturangaben:

Meyer, M. (2018): Quantitative Bewertung von Umweltindikatoren. Handbuch zur fachgerechten Bedienung der Anwendung. Hg. v. Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH. Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH. Osnabrück (GWS Discussion Paper Series).

Umweltbundesamt (2019a): Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassungsstrategie der Bundesregierung. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau.

Umweltbundesamt (2019b): Quantitative Bewertung von Umweltindikatoren. UBA Texte 37/2019. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau.

Verwandte Kenngrößen und Indikatoren